Die Geschichte der Zwiebel
Küchenzwiebel (Allium cepa L.)
Die Zwiebel fand sich bislang in der Pflanzenfamilie der Liliengewächse (Liliaceae). In jüngster Zeit wurde sie einer eigenständigen Familie zugeordnet: den Zwiebelgewächsen (Alliaceae). Ihre ursprüngliche Heimat sind vermutlich Steppen in Zentral- und Westasien. Seit mindestens 4.000 Jahren wird die Zwiebel von den Völkern Asiens, des Orients und der Mittelmeerländer genutzt.
Sehr früh wurde sie bereits kultiviert. In Babylon, Assyrien und Ägypten war sie ein verbreitetes und geschätztes Nahrungs- und Heilmittel.
Wandgemälde zeigen, dass sie in Ägypten schon zur Zeit des Alten Reiches zu den verbreitetsten Opfergaben zählte. Sie galt als heilig; bei ihr schwor man. Inschriften belegen, dass Zwiebeln, Rettich und Knoblauch die wichtigsten Gemüsearten zur Verpflegung der Sklaven beim Bau der Pyramiden waren. Die Israeliten sehnten sich auf ihrer Wüstenwanderung nach den Zwiebeln Ägyptens zurück (Mos. 11,5-6). Griechen und Römer pflanzten die Zwiebeln in besonderen Abteilungen des Gemüsegartens und erreichten durch gezielte Auslese leistungsfähige Sorten.
Erwähnung findet die Zwiebel in den Werken griechischer und römischer Schriftsteller, so bei Homer, Herodot und Theophrast sowie Plinius, Juvenal und Columella. Die Römer hatten verschiedene Bezeichnungen für die Zwiebel: unio, cepa und bulbus. Aus unio leiten sich das englische onion und das französische oignon ab, während cepa über die daraus gebildete Verkleinerungsform cepulla der Ursprung für cebolla (spanisch), cipolla und für unser Wort Zwiebel ist.
Auch der Ausdruck Bolle hat über Zipolle wahrscheinlich dieselbe Wurzel. Bulbus kam aus dem Griechischen für bolbos. Als Bezeichnung für die Blumenzwiebel lebt es im Französischen mit bulbe und im Englischen mit bulb fort.Mit den römischen Soldaten kam die Zwiebel in Länder nördlich der Alpen. Zwar haben die germanischen Völker wahrscheinlich schon seit den ältesten Zeiten wildwachsende Allium zu Gewürz- und Nahrungszwecken verwendet, die kultivierten südländischen Zwiebelsorten haben diese Wildformen jedoch zurückgedrängt.
Bei uns fand die Küchenzwiebel erst im Mittelalter größere Verbreitung. Zahlreich sind die Hinweise in einschlägigen Werken der damaligen Zeit. So ist sie z. B. in den Pflanzenlisten Karl des Großen und im berühmten Kräutergarten-Plan des Klosters St. Gallen verzeichnet. Beschreibungen und Zeichnungen aus dem 16. Jahrhundert zeigen, dass die Zwiebel wohlbekannt und hochgeschätzt war und dass es bereits eine Vielzahl von Zwiebeltypen gab. Im Kräuterbuch des Botanikers Hieronymus Bock (1551) ist den Zwiebeln eine ausführliche Abhandlung gewidmet und ihre Vielseitigkeit wortgewaltig gerühmt. Er erwähnt u. a., dass bei Deutschen zum Kuchenbacken nichts gebrächlicher sei als Zwiebeln; niemand würde auf sie verzichten: ‚Niemand will der Zwiebel entraten‘ und ‚Etliche brauchen sie zur Wollust, die auch zur Arzney‘.
Gepflanzt wurden Zwiebeln früher am 21. März, am Tag des heiligen Benedikt. Dabei mussten die Worte gesprochen werden: ‚Benedikt, mach die Zwiebeln dick‘. Ob’s geholfen hat?
Im 19. Jahrhundert entwickelten sich in Mitteleuropa eine Reihe Hauptanbaugebiete, deren Namen noch heute in alten Landsortenbezeichnungen auftauchen, wie etwa ‚Braunschweiger Dunkelblutrote‘, ‚Stuttgarter Riesen‘, und ‚Dresdner Plattrunde‘. Unter der alten holländischen Typ-Bezeichnung ‚Rijnsburger‘ laufen noch heute viele moderne und sehr wichtige Sorten auf dem Markt.
Eine 1931 von der Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen veröffentlichte Statistik weist für das damalige Reichsgebiet beachtliche 5.000 Hektar Anbaufläche aus. Die Erträge pro Anbaufläche dürfen mit durchschnittlich 175 dt/ha angenommen werden und liegen bei nur 40 % der heutigen Durchschnittserträge von ca. 550 dt/ha. Heute beträgt die Anbaufläche in Deutschland rund 12.000 Hektar.